Freuen Sie sich auch so auf das Frühjahr? Es ist ja nicht nur das Ende der Dunkelheit und die länger werdenden Tage, sondern dass alles wieder neu beginnt. Die Natur macht es uns vor: Zunächst ganz langsam und vorsichtig beginnt es zu sprießen, strecken die Krokusse, die Osterglocken ihre Blütenköpfe in die Höhe. Die Luft riecht anders als noch vor kurzem, die Sonne beginnt wohltuend zu wärmen. Die Farben in der Natur nehmen langsam zu. Wenn ich an den Hecken vorüberradele, kann ich den ersten grünen Flaum erkennen.
Die Vögel zwitschern wie wild und beginnen rasant mit dem Nestbau. Ja, neue Lebenskräfte sammeln sich und man begegnet mehr lächelnden Menschen als missmutig Dreinblickenden. Wie schön, denke ich, willkommen lieber Lenz und mache die Bäume wieder grün. Die Zeit der Entsagung, des Rückzugs ist vorbei und es drängt viele Menschen nach draußen.
Die Natur macht es uns vor, wie nah Tod und Leben beisammen liegen. Jesus hat einmal gesagt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bringt es keine Frucht.“ In dieser Zeit bedenken wir das Leiden und den Tod Jesu, die Abgründe, durch die er gehen musste. Und kurze Zeit später erfahren wir, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern der Beginn einer neuen Zeit. Dem Tod folgen die Auferstehung und das ewige Leben. Das ist unsere Hoffnung: Jesus hat den Tod überwunden und schenkt dadurch einen neuen Anfang. So ist es auch kein Zufall, dass wir mitten im Frühjahr Ostern feiern.
Im Monatsspruch für April macht Paulus es nochmal deutlich: „Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu werden über Tote und Lebende.“ Das bedeutet, seine Zusage gilt allen Menschen, den Lebenden und den Toten. Neues Leben ist uns verheißen!
In manchen Zeiten scheint das Ende, der Abschied und der Tod uns näher zu sein und die einzige Realität. Und auch in der Welt hat die Vernichtung und Zerstörung so starkes Gewicht, dass es nichts anderes daneben mehr zu geben scheint. Deshalb ist es so heilsam, sich auf Jesus Christus und seine Zusage zu besinnen, der dem Tod den Stachel genommen hat und uns durch seine Auferstehung Mut macht auf alles, was nach dem Ende unseres irdischen Daseins kommt.
Im Frühjahr geht es mir immer so, dass ich am liebsten die Zeit anhalten würde, den Augenblick festhalten, weil der Neuanfang und das Erblühen so schön sind. Und im Grunde ist es mit unserem Leben auch so, denn am liebsten möchten wir alles Schöne festhalten. Ich möchte Sie ermuntern, besonders jetzt im Frühjahr den Augenblick zu genießen, aber wenn es Zeit ist, auch loszulassen, denn Tod und Leben gehören zusammen. Das Gedicht von Rose Ausländer geht in die gleiche Richtung:
Noch bist Du da
Wirf Deine Angst in die Luft
Bald ist Deine Zeit um
Bald wächst der Himmel
Unter dem Gras
Fallen Deine Träume ins Nichts
Noch duftet die Nelke
Singt die Drossel
Noch darfst Du lieben
Worte verschenken
Noch bist Du da
Sei was Du bist
Gib was Du hast.
Ein genussreiches und erblühendes Frühjahr wünscht Ihnen,
Ihre Pastorin Katharina Herresthal