Seien Sie herzlich begrüßt in der Kirche in Engerhafe zu dem Teil der Gedenkfeier, in dem wir die Namen der 1944 hier Umgekommenen KZ-Opfer verlesen werden.
Im Gulfhof haben wir die erschütternden und bewegenden Berichte von Augenzeugen über das gehört, was damals hier geschehen ist. Nun wollen wir uns ganz denen zuwenden, die damals zu Opfern geworden sind. Wir denken an diejenigen, die unendlich gelitten haben und mit dem, was sie erlebt haben, dann leben mussten. Wir denken an diejenigen, die hier getötet wurden, deren Lebensweg einfach abgeschnitten wurde.
Wir fühlen uns hilflos, weil wir ihnen das nicht zurückgeben können, was ihnen damals genommen wurde: das Leben in Würde und Gerechtigkeit. Wir können nur an sie erinnern. Wir können ihre Namen nennen, die draußen auf dem Mahnmal stehen, und versuchen, die Erinnerung zu bewahren. Das sind wir ihnen schuldig. Das ist unsere Verantwortung hier in Engerhafe, in der Geschichte, in der wir stehen und die wir nicht abschütteln können und auch nicht wollen.
Wir, das sind die Engerhafer, und die Menschen von außerhalb, die zum Teil einen weiten Weg zurückgelegt haben, wir, das sind die Menschen in der Kirchengemeinde und außerhalb, im Verein Gedenkstätte KZ Engerhafe, im Verein Haus der Geschichte, im Deutschen Gewerkschaftsbund, in der politischen Gemeinde und außerhalb. Wir alle stehen gleichermaßen in der Geschichte der Verantwortung.
Als vor 60 Jahren das KZ-Gräberfeld neu eingeweiht wurde, zogen ehemalige KZ-Häftlinge aus Ostfriesland aus der Kirche zum Gedenken auf dem Friedhof aus. Am 8. Mai 1985 waren hier in dieser Kirche Überlebende des KZ’s Engerhafe zu Gast, von dieser Begegnung berichtete mir kürzlich Pastor Dettke. Es war eine beeindruckende und versöhnliche Begegnung. Nun sind Nachfahren von ehemaligen Insassen aus den Niederlanden (wie schon in den vergangenen Jahren) und aus Dänemark zu Gast.
Ich freue mich besonders, dass Sie heute hier sind und dass wir gemeinsam mit Ihnen der Opfer gedenken können, indem wir ihre Namen vor Gott und der Gemeinde nennen und ein Licht zu ihren Gräbern tragen. Wir stehen hier an dem Ort, an dem wir den Opfern näher sind als anderswo. Wir können kaum begreifen, was ihnen geschehen ist, und unsere Wort versagen. Deswegen lassen Sie uns eine Minute schweigen und in der Stille an die Menschen denken, deren Namen wir gehört haben und dir hier begraben sind.
STILLE
Das, was hier geschehen ist, klagen wir Gott.
Und wir bitten:
Vergib uns unsere Schuld
und wende dich denen zu,
die hier elendig gestorben sind,
bewahre du ihre Würde,
schenke ihnen eine neue Gerechtigkeit
und gib ihnen deinen unendlichen Frieden,
segne und bewahre uns alle heute hier und an allen Orten.
AMEN