1698 Die Namen der Stifter des Altaraufsatzes

Auf der Rückseite des Altaraufsatzes in der Engerhafer Kirche, sieht man Schriftzeichen, die schon sehr verblasst sind. Außerdem scheinen sie auf einer ehemals vorhandenen Schrift aufgemalt worden zu sein. Eine Entzifferung der Schrift schien mir nahezu unmöglich zu sein, weil die meisten Wörter schon sehr verblasst waren und auch die Lichtverhältnisse dort sehr schlecht sind.


Abbildung 1: Bild von der Rückseite des Altaraufsatzes der Engerhafer Kirche.

Über den Altar ist bisher recht wenig geschrieben worden. Martin Wilken berichtet über die Ausfertigung eines Vertrags im Jahr 1694, zwischen den damaligen Verantwortlichen der Kirchengemeinde und zwar: Pastor Henricus Wolken, Pastor Gerhardus Brawe, Meindert Ennen, Johann Heinrich Hennings, Johannes Blancke, Dodo Willen, Reinder Schatteburg und dem Erbauer des Altaraufsatz Hinrich Kröpelin aus Esens. An anderen Stellen werden ebenfalls nur die Entstehung und die Szenarien des Altaraufsatzes erwähnt.

Der Grund für die damalige Erneuerung war die Verwüstung der Kirche durch die Truppen des Graf von Mansfeld im Jahr 1623. Es wird darüber berichtet, dass dieses Söldnerheer das Taufbecken aus Bronze gestohlen und die Kirche verwüstet hat. Die Verwüstung der Kirche könnte ihren Grund darin haben, dass die beiden Pastoren von Engerhafe, Johann Volcamp und Tobias Conring in die befestigte und sichere Stadt Emden flohen. Dabei haben sie bestimmt ihre Wertsachen mitgenommen. Weil bei ihnen jetzt nichts mehr zu holen war, könnten die Mansfelder ihren Groll gegen die Kirchenausstattung gewendet haben.

Schon während des 30-jährigen Krieges hat man angefangen die Ausstattung der Kirche zu erneuern, 1636 wurde die Kanzel gebaut, 1646 hatte man sich eine neue Taufe gießen lassen, 1665 wurde der Taufdeckel erstellt. Im Jahr 1694 wird man sich dann entschlossen haben, den letzten und umfangreichsten Teil der Wiederherstellung des Ursprungszustands anzugehen. Dabei hat man die Ausführung an die damalige Zeit angepasst, denn der Vorgänger war bestimmt ein vorreformatorischer Altaraufsatz zum Aufklappen, ähnlich dem Altaraufsatz vom Kloster Ihlow, der jetzt in der Auricher Lambertikirche steht. Robert Noah schreibt im Kirchenführer der Engerhafer Kirche dazu: „Er wird mit aller Sicherheit einen älteren – spätgotischen Flügelaltar? – ersetzt haben. In seinem ikonografischen Aufbau (Zusammenhang zwischen Kunstwerk und Bildsymbolik) weicht er wie alle nachreformatorischen Retabeln vom mittelalterlichen Schema ab, indem er eben die chronologische Abfolge von Abendmahl, Kreuzigung und Auferstehung Christi zum Inhalt hat“.

Die Kirche und ihre gesamte Ausstattung wurden von hiesigen Herdbesitzern (Interessenten der Kirche) finanziert. Bei der Kanzel, der Taufe und dem Taufdeckel wurden die Spender auf dem Werkstück erwähnt. Die Stifter des Altaraufsatzes sind heute nicht mehr erkennbar.

Im Archiv der Kirchengemeinde befindet sich ein Schriftstück von 1767, vom damaligen Pastor Anton Gottfried Reershemius. Es ist eine Abschrift der Inschrift auf der Rückseite des Altars. Wahrscheinlich hat er noch von der heute übermalten Schrift (Weiße Schrift auf rotem Untergrund) eine Abschrift erstellt. Hier können wir jetzt erkennen, was die verblichene Schrift bedeutet. Es sind die Namen der Stifter des Altaraufsatzes, diejenigen, die sich bereiterklärten die Arbeit zu finanzieren.


Abbildung 2: Urkunde aus dem Kirchenarchiv über die Beschriftung der Rückseite des Altaraufsatzes, angefertigt 1767 von Anton Gottfried Reershemius.

In der Urkunde steht:

„Folgende Inscription sind hinter dem hiesigen Altar:

  1. Anno 1698 Haben nachgesetzte Personen zur Ehre
  2. Gottes diesen Altar gegeben, auch haben vermahlen lassen als
  3. Dodo Wilcken K.V.W. u.d. Frau Martje Janssen, Frau Eycke Willen, Wille Ennen A.V.S. d. Frau
  4. Teetje Doden, Meint Ennen K.S.W. u.d. Frau Hepke Meints, Haije Rieckena WormsKirchen K.V.W. Steffen
  5. Broers Fossema K.V.W. d. Frau Almt Willen, u Alcke Adena, Arend Harms, Cornelis Janssen itzo Reender Tjaden
  6. A.V.S. u.d. Frau Tietleef Willen, Reinder Schatteborg K.V.W. u.d. Frau Martje Willen
  7. Dodo Wilcken Willen A.V.S. u.d. Frau Jurcke Hennings
  8. Habbe Ennen Meints A.V.S. u.d. Frau Fraucke Betten

1713 d.12 Dec:                                                           Vermahlet D. Frans Jacob Müller.
Pro vera Copia
Engerhafe d. 1 Junii                                       AG Reershemius Past Engerhafe. Senior
1767                                                                  AG Reershemius Past Engerhafe. Senior

Durch diese Auflistung wissen wir jetzt, wer die Stifter des Altaraufsatzes von Engerhafe sind. Auch wer die Bemalung vorgenommen hat, denn der Schnitzer des Altars durfte nach den damaligen Zunftregeln die Bemalung selber nicht vornehmen, sondern dies musste durch einen Maler gemacht werden.

Außerdem haben wir viele neue Hinweise über die damaligen Verwandtschaftsverhältnisse bekommen, denn hier sind die Ehepartner mit genannt worden. Was sind das jetzt für Personen, die dort angegeben wurden.

Als erster werden Dodo Wilcken und seine Frau Martje Janssen genannt, hinter seinem Namen steht der Zusatz K.V.W., es wird Kirchverwalter bedeuten. Im Ortsippenbuch Engerhafe ist er unter der Nummer 3360 zu finden, dort steht auch, dass er Kirchverwalter war und seine Frau Martje hieß, der Nachname von ihr ist dort nicht angegeben. Dodo Wilcken starb am 29.12.1679, also schon 15 Jahre bevor der Altar in Auftrag gegeben wurde. Er wird schon vor seinem Tod verfügt haben, dass Geld für den Altar gegeben werden sollte. Auf der Umschrift des Taufdeckels wird 1665 erwähnt, dass er Kirchverwalter war. Seine Frau Martje Janssen starb am 10.03.1697. Sie hatte noch erlebt, dass der Auftrag zum Bau gegeben wurde aber die Aufstellung in der Kirche nicht mehr erlebt. Dodo Wilcken lebte in Upende, Oldeborger Straße 18 (Ein halber Heerd), außerdem besaß er noch das Haus von der Oldeborger Straße 108 (Ein viertel Heerd) und das Haus Oldeborger Straße 110 (Ehemaliges Wirtshaus mit Garten).

Die dritte Person ist Eycke Willen, im Kirchenbuch Engerhafe findet sich eine am 08.07.1688 verstorbene Eycke, sie war die Ehefrau von Jurien Henrichs (OSB Eng. 1540). Sonst findet sich keine weitere Eycke in den Kirchbüchern. Eycke Willen ist möglicherweise ein Nachkomme von der vierten genannten Person, den am 30.09.1680 verstorbenen Wille Ennen (OSB Eng 833). Er war Hausmann (Hofbesitzer) in Fehnhusen und besaß die Höfe von Fehnhusen 12 und Fehnhusen 14. Hinter seinem Namen befindet sich der Zusatz A.V.S., was Armenvorsteher bedeuten wird.

In der Kirchengemeinde Engerhafe gab es, wie damals üblich, 2 Kirchenverwalter, welche für die Verwaltung der Kirchenländereien und Gebäude zuständig waren und zwei Armenvorsteher, welche die Finanzen der Armenfürsorge überwachten, sie verliehen auch Geld, aus der, in der Regel gut gefüllten, Armenkasse.

In der nächsten Zeile steht Wille Ennens Frau Teetje Doden, sie ist die Tochter vom erstgenannten Dodo Wilcken und hat laut OSB Eng 1755 nachher (1684) noch Lübbe Jacobs aus Fehnhusen geheiratet. Vermutlich war sie auch, wie die vier vorhergehenden Personen schon gestorben als der Altar erstellt wurde.

Als sechster und siebente werden Meint Ennen K.V.W. (OSB Eng 830) und seine Frau Hepke Meints genannt. Sie wohnten in Fehnhusen 14. Meint Ennen ist der Bruder des obengenannten Wille Ennen. Hepke Meints war vorher mit Tjark Ulrichs (OSB Eng 3249) verheiratet und hat 1665 den Taufdeckel in der Engerhafer Kirche gestiftet.

Dann folgt einer mit Namen Haije Rieckena WormsKirchen K.V.W., er heißt an anderer Stelle (Das Kirchspiel Engerhafe, seine Bebauung und seine Haus- und Hofbewohner von Martin Wilken) Hayo Rykena Wermelskirchen. Er wurde 1654 in Norden geboren und besaß die Hipkenburg im Engerhafer Loog 8. Von ihm gibt es keine Angaben in den Engerhafer Kirchenbüchern.

Dann folgen als nächste genannte Namen, Stefen Broers Fossema, die Frau Almt Willen und Alcke Adena. Der im OSB Eng. 344 genannte Stewen Fossema Broers ist identisch mit im dem in OSB Eng. 923 erwähnten Stephan Broers Fossema, beide waren mit Alcke Adena verheiratet und starben am 14.02.1725. Er war Kirchenvorsteher in Engerhafe und Hausmann auf Seehausen, dem am weitesten westlich gelegenen Hof im Engerhafer Loog (Uiterdyk 1). Er wurde 1697 zum Kirchenvorsteher gewählt. Seit 1719 gehörte ihm der heutige Gulfhof Ihnen (Kirchwyk 3). Almt Willen war wahrscheinlich seine erste Frau und möglicherweise die Tochter des obengenannten Wille Ennen, anhand der Kirchenbücher können wir es nicht belegen, am 25.07.1702 heiratete er in Engerhafe Alcke Adena.

Jetzt folgen drei männliche Namen: Arend Harms (OSB Eng. 1331), Cornelis Janssen (OSB Eng. 1809, wohnte in Fehnhusen 28 und besaß Kirchwyk 3), Reender Tjaden A.V.S. (OSB Eng. 3152) und die Frau Tietleff Willen. Tiadleff Willen, wie sie am häufigsten geschrieben wurde, ist bei dieser Gruppe die Hauptperson, sie ist die Tochter vom oben genannten Wille Ennen. Die vorhergenannten Männer sind, in der angegebenen Reihenfolge, ihre Ehemänner gewesen. Am 26.05.1682 heiratete sie Arend Harms, der am 18.02.1692 verstirbt, sie hatten sechs Kinder. Am 10.07.1693 heiratete sie den Deichrichter Cornelis Janssen, er stirbt am 25.02.1701, nachdem sie vier Kinder bekommen haben. Am 01.06.1702 heiratete sie Reender Tjaden, sie bekommen noch ein gemeinsames Kind, Reender Tjaden stirbt am 09.06.1720, eineinhalb Jahre nachdem am 27.01.1719 Tiadleff Willen verstorben ist. Alle ihre Ehemänner wohnten in Fehnhusen.

Es folgt Reinder Schatteburg K.V.W. (OSB Eng. 2895) und seine Frau Martje Willen. Martje Willen ist auch eine Tochter von Wille Ennen. Reinder Schatteburg wohnte in Upende, Oldeborger Straße 78 und ist in Osteel geboren, sein Vater stammt aus Schatteburg in der Gemeinde Rhauderfehn und ist in Osteel Pastor gewesen.

Der als nächste Genannte heißt Dodo Wilcken Willen K.V.W. (OSB Eng 3410), wohnhaft Fehnhusen 14, ebenfalls ein Sohn vom oben genannten Wille Ennen. Es folgt seine Frau Jurcke Hennings. Jurcke Hennings war laut Kopf-Schatzungs-Register von 1719 auch noch mit Johann Einders (OSB Eng 796) verheiratet. Sie war die Tochter vom Oldeborger Vogt Jan Friedrich Henning (OSB Eng. 1532).

In der letzten Namenreihe stehen Habbe Ennen Meints (OSB Eng 2358) und seine Frau Fraucke Betten, die in Fehnhusen 14 wohnten. Habbe Ennen Meints ist der Sohn des oben erwähnten Meint Ennen. Fraucke Betten ist die Tochter der oben erwähnten Alcke Adena aus deren Ehe mit Bette Rieken (OSB Eng 2818). Fraucke Betten hat 1727 ein zweites Mal geheiratet und mit Henricus Dinkgraeve noch 3 weitere Kinder bekommen.

Aus der letzten Zeile der Schrift am Altar können wir noch entnehmen das Frans Jacob Müller der Maler war, der den Altar bemalt hat und auch die rückwärtige Schrift erstellte und seine Arbeit am 12. Dezember 1713 beendet hat.

Zum Schluss beglaubigt Anton Gottfried Reershemius noch die wortgetreue Abschrift (Pro vera Copia), die Bezeichnung Senior hinter seinem Namen bedeutet, dass er Inhaber der ersten oder auch älteren Pfarrstelle (Westerpastorei) in Engerhafe ist.

Gerd Lücken 2015