Gott sieht mich

Gedanken zur Jahreslosung!
Es gehört zu den wunderbaren menschlichen Fähigkeiten, dass wir einander in die Augen sehen können. Die Augen sind die Fenster zur Seele des Menschen. Denn wenn wir uns in die Augen sehen, dann nehmen wir einander wahr. Und manche Lebensbeziehung hat mit einem ersten Augen-Blick angefangen, vielleicht sogar als Liebe auf den ersten Blick.
In den letzten beiden Jahren war es oft schwierig, sich direkt in die Augen zu sehen.
Einfach weil Begegnungen fehlten oder nicht möglich waren.
Aber auch da, wo wir uns mit Masken im Gesicht begegnet sind, haben wir umso deutlicher wahrnehmen können, wie direkt und vielfältig die Augen mit anderen in Kontakt treten können.
Wenn wir uns ansehen, schenken wir uns Ansehen. Wie wichtig das ist, spüren Menschen, wenn sie übersehen werden, oder einfach an ihnen vorbeigeschaut wird.
Seit den ersten Augenblicken unseres Lebens erfahren wir das liebevolle Anschauen durch elterliche Zuwendung. Dieses Angesehenwerden gibt Sicherheit und Zuversicht für das ganze Leben.
Die Bibel erzählt von Hagar, einer sehr verzweifelten Frau, die allein in die Wüste geflohen ist. Und genau in dieser Situation von Verlassenheit und Verzweiflung erfährt sie Gottes Nähe durch Ermutigung und Zusagen für das Leben. Sie sagt darum voller Dankbarkeit zu Gott: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1. Mose 16 Vers 13)
Wie wertvoll ist das für unser Leben, wenn wir glauben können, dass Gott uns nicht übersieht, dass wir ihm nicht egal sind! Selbst in größter Not oder tiefster Einsamkeit sieht Gott den Menschen mit Liebe an.
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Dass Gott uns sieht, gibt unserem Leben Würde und Achtung, auch dann, wenn es in unserem Leben gerade nicht danach aussehen mag.
Wo wir selbst anderen diesen Blick der Zuwendung und Achtung nicht entziehen, nehmen wir Anteil an Gottes Sichtweise auf den Menschen. Die Not und Hilfsbedürftigkeit, die Einsamkeit und die Traurigkeit der anderen zu sehen, ist immer auch der Anfang für Veränderung.
Ich wünsche uns, dass wir sehen und gesehen werden, so wie Gott uns sieht.
Dr. Detlef Klahr
Regionalbischof für den Sprengel Ostfriesland-Ems