Ich erinnere mich gut an Situationen, in denen es für mich hieß, einen Anfang zu machen. In der Lehre damals, der erste Tag; später dann, wenn ich meinen ersten Tag bei anderen Arbeitsstellen hatte, Anfänge sind schwer. Der Beginn des Studiums. Die erste Pfarrstelle. Was sollte ich damals sagen, erste Worte sind oft schwer. Sie wiegen viel, sie werden gewogen, entsprechen sie den Erwartungen oder sagen die Leute später: „Na, das fängt ja gut an! Wat is dat dann vör een?” Von Claus Dreier
Wer will sich schon gleich am Anfang weit aus dem Fenster hängen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste! Oder denken Sie an den ersten Flirt, an erste Rendezvous, worüber reden, was erzählen, was lieber verschweigen? Anfänge sind schwer!
Aber: ein guter Anfang ist wichtig!
Auch bei Predigten übrigens. Immer wieder die Frage: Womit fang ich an? Denn man soll ja Lust bekommen, zuzuhören, und nicht nach dem ersten Satz die Ohren zuknöpft, wenn man hört: „Ich spreche heute, in meiner 7-teiligen Predigt, unter besonderer Berücksichtigung der Evangelien-Auslegung der Kirchenväter und der reformatorischen Interpretation durch Luther, über den Heiland der Welt im Allgemeinen und das Heil der Menschen im Speziellen“.
Nein, ein guter Anfang ist wichtig!
Und gute Anfänge sind für mich solche, in denen ich „ich“ bleiben kann! Ich möchte mich nicht verstellen, um einen guten Eindruck zu machen, ich möchte mit dem anfangen, was mich betrifft, was ich denke, was mir wichtig ist und was mir guttut.
Wie hat Jesus eigentlich angefangen?
Auch er wählt einen Anfang, der ihm guttut. Jesus ist zu Beginn seiner “Karriere” nicht auf einen Berg gestiegen, um eine mitreißende Regierungserklärung abzugeben. Er startet auch nicht mit der skandalösen Tempelaustreibung und attackiert auch nicht medienwirksam die Repräsentanten der Frömmigkeit, Pharisäer und Schriftgelehrte.
Jesus fängt ganz klein an, indem er eine große Entscheidung trifft. Er lässt sich taufen. Er geht zu Johannes. Hier will er den Anfang machen. Keine große Aktion also, kein Manifest, keine Posaunen aus Jericho dabei. Mit ihm fängt keine neue Zeitrechnung an, nein, Jesus ordnet sich unter und ein in die Tradition seines jüdischen Volkes und stellt sich auf die Stufe derer, die es nötig haben, umzukehren und sich Gottes vergebende Gnade schenken zu lassen.
Bevor er richtig auftaucht, taucht er unter und solidarisiert sich mit denen, die unten sind, mit allen Wassern gewaschen, ohne weiße Weste. Jesus beansprucht für sich keine Sonderrolle. Er will getauft werden, so wie viele Menschen getauft sind, die sich aufrichtig um ein gutes Verhältnis zu Gott bemühen. Er muss nicht getauft werden, aber er will! Es geht ihm darum, dass er mit anderen Menschen in einer Reihe steht. Sich selbst nicht so wichtig nehmen, das steht wohl dahinter.
Das ist ein guter Anfang, sich selbst nicht so wichtig nehmen, fröhlich werden, fähig sein, den Anfang in Gelassenheit zu hüllen.
Auf den Anfang kommt es an. Erst recht, wenn etwas zu Ende geht.
Pastor Claus Dreier